Nadia Raia – Grau: Erster Teil der Selestria-Trilogie

Daten des Buches:

Titel: Grau – Erster Teil der Selestria-Trilogie
Autorin: Nadia Raia
Verlag: Selfpublishing [Amazon KDP]
Erscheinungsdatum: 19.04.2018
Genre: Portal Fantasy
Seitenzahl:  530 [Taschenbuch-Ausgabe]
ISBN: 9783000600364

CNs: Psychische, körperliche und sexuelle Gewalt, psychische Erkrankungen, Panikstörungen, selbstverletzendes Verhalten, Drogenkonsum, Rassismus, Suizid, Mord, Tod, Tod von Angehörigen, Terrorismus, Folter  

Bei diesem Buch handelt es sich um ein Rezensionsexemplar, das ich kostenlos von der Autorin erhalten habe.

Kurzzusammenfassung:

Dimo und Mara sind zwei Teenager, die ein normales Leben führen. Sie gehen zur Schule und haben die typischen Sorgen für Jugendliche in dem Alter. Dann taucht jedoch der geheimnisvolle Sámir auf, der sie mehr oder weniger vor vollendete Tatsachen stellt, dass sie ihn in eine andere Welt begleiten müssen: Die Welt, aus der sie ursprünglich stammen.

Dort angekommen müssen sie sich in dieser fremden Welt zurechtfinden, über die sie nichts wissen und in der Magie und Übernatürliches vollkommen normal sind. Aber natürlich hat diese Welt auch ihre eigenen Probleme. Die Organisation, für die Sámir arbeitet und die im Auftrag des Königs agiert, ist eher undurchsichtig und auch insgesamt lernen Mara und Dimo schnell, dass in dieser Welt gerade politisch und gesellschaftlich Einiges im Argen liegt …  

Und darüber hinaus?

Wir lernen Dimo und Mara als zwei ganz normale Teenager mit eher typischen Problemen kennen. Mara weiß schon lange, dass sie adoptiert ist, aber sie liebt ihre Schwester und ihre Eltern über alles. Dimo hingegen ist eher still und schüchtern, hat außer Mara eigentlich keine Freund*innen und seine Eltern sind kurz davor, sich zu trennen. Selbst in seiner Familie fühlt er sich eigentlich nicht richtig geliebt; zwar hat er kein schlechtes Verhältnis zu seinen Eltern, aber es ist auch nicht wirklich eng und gerade seine Mutter ist eher distanziert.

Als Sámir plötzlich an der Schule auftaucht, fragt sich Dimo, was es mit ihm auf sich hat, da er von Anfang an geheimnisvoll wirkt. Sámir ist von Anfang an unfreundlich, was daran liegt, dass er auf den Auftrag, der ihm von der Schatteninstanz aufgetragen wurde, die für König Chronos arbeitet, keine Lust hat.

Trotzdem erfahren Mara und Dimo dann bald, dass sie in Wirklichkeit ursprünglich aus Walis stammen, einer anderen Welt. Im Auftrag des Königsreichs Selestria sollen die beiden nun in ihre Heimat zurückgebracht werden, da nun magische Kräfte bei ihnen erwacht sind, die in der „normalen“ Welt (die von den Einwohnern Selestrias Syra genannt wird) zu gefährlich wären und Schaden anrichten könnten.

Mara will eigentlich nicht, Dimo hingegen ist schnell neugierig und möchte unbedingt mehr darüber erfahren. Schließlich begleiten die beiden Sámir und werden schnell mit den Gegebenheiten der für sie fremden Welt konfrontiert. Allerdings in mancherlei Hinsicht auch weniger als ihnen lieb wäre, denn gerade aus Sámir und dessen Umständen wird ein riesiges Geheimnis gemacht. Trotzdem erfahren die beiden bald, dass nicht alles friedlich zugeht in dieser fremden Welt und so müssen sie nicht nur ihren Platz dort finden, sich irgendwie mit den neuen Informationen über sich und ihre Leben abfinden und neue Freundschaften und Bekanntschaften schließen, sondern auch bald sehen, dass nichts in der Welt klar Schwarz oder Weiß ist und dass es einige gesellschaftliche und politische Probleme in Selestria gibt – insbesondere hat das Königreich ein Rassismus-Problem gegenüber Mischwischen, wie Sámir eines ist, denn er kann sich theoretisch in eine gefährliche, monströse Kreatur verwandeln und steht auch deshalb unter recht kritischer Beobachtung.

In diesen Konflikten sind Mara und Dimo bald mittendrin und haben doch irgendwie Probleme, sich zurechtzufinden und erfahren nur langsam nach und nach, was es mit der ganzen Geschichte auf sich hat.  

Meine Meinung

Stellenweise kam ich mit dem Buch etwas schwer voran, was unter anderem an der Länge der Kapitel lag. Ein Kapitel hat meistens 30-50 Seiten, was für mich persönlich einfach viel zu viel war. Für mich war auch nicht erkennbar, wieso die Kapitel so lang waren, denn es gab immer mehrere Sinnabschnitte innerhalb der Kapitel, teilweise wechselte mehrfach pro Kapitel der PoV-Charakter und für mich war inhaltlich kein Unterschied erkennbar zwischen den Sinnabschnitten der einzelnen Kapitel und den Kapiteln an sich. Dadurch hatte ich manchmal ein bisschen das Gefühl, dass es darum ging, die Kapitel möglichst lang zu gestalten, ohne dass das einem tieferen Zweck diente. Das hat mich persönlich etwas gestört, da das aber totale Geschmackssache ist (ich mag kürzere Kapitel einfach persönlich lieber), ist dieser Punkt nicht in meine Bewertung mit eingeflossen, ich wollte es nur trotzdem erwähnen.

In dem Roman gab es einige Dinge, die mir gut gefallen haben, aber auch einige, die mir weniger gut gefielen.

Mein eigentlich größter Kritikpunkt ist die riesige Geheimnistuerei einfach aller Figuren in dem Roman. Den Plottwist selbst, was es mit Sámirs Vorgeschichte auf sich hat, fand ich persönlich nicht besonders überraschend, ich habe mir das von Anfang an gedacht. Es ist für mich auch sehr einleuchtend, dass Sámir selbst nicht unbedingt darüber sprechen möchte, da auf seiner Seite viel Trauma existiert. Dass es aber auch absolut niemand sonst tut, hat mich einerseits ein bisschen genervt und erschien mir andererseits auch ein bisschen unrealistisch. Mara und Dimo werden ständig, wenn sie über irgendjemanden oder irgendetwas (insbesondere Sámir) Fragen stellen, abgespeist. Und das an einem Königshof, denn sie kommen bei der Schatteninstanz unter, die effektiv am Hof lebt. Das fand ich nicht realistisch, denn ja, es wird Leute geben, die entweder Sámir oder der Königsfamilie gegenüber loyal genug sind, absolut nicht tratschen zu wollen – aber ich würde an einem Königshof eigentlich auch erwarten, dass die Gerüchteküche ordentlich kocht und es gibt eigentlich an jedem Ort, an dem sich viele Menschen tummeln, erwartungsgemäß immer ein paar Tratschtanten. Zumal Sámirs „Geheimnis“ nicht einmal ein richtiges Geheimnis war, sondern etwas, das jeder außer Mara und Dimo wusste. Dass das dennoch wochenlang vor ihnen geheim gehalten worden ist, obwohl sie mit anderen Leuten in einem Zimmer wohnen jeweils und obwohl sie immer wieder aktiv Leute danach gefragt haben, erschien mir komisch. Erst die Prinzessin erzählt ihnen auf Nachfrage später in der zweiten Hälfte des Buches davon.

Ansonsten haben mich ein paar Kleinigkeiten gestört, es gab z. B. zwei auftretende Brüder, die sich ständig auf Spanisch unterhalten haben, ohne dass es irgendwie zum Plot beigetragen hätte. Ich persönlich habe verstanden, worum es ging, dafür reichte mein rudimentäres Spanisch aus, aber es war im Text weder übersetzt noch erklärt und mich persönlich hätte es genervt, wenn ich nicht gewusst hätte, was da steht und ob es wichtig ist oder nicht. Das passierte aber nur relativ zu Anfang ein paar Mal, deshalb ist das eher ein kleiner Kritikpunkt.

Ich fand es schade, dass nicht aufgeklärt wurde, wieso genau König Chronos König geworden ist und nicht sein älterer Bruder, der stattdessen der Anführer der Nachtwache ist. Da es sich um den ersten Band einer Trilogie handelt, hoffe ich aber, dass das später noch aufgeklärt wird.

Schade fand ich auch, dass die Protagonist*innen stellenweise etwas unsympathisch rüberkamen. Dimo war eigentlich der Einzige, der richtig nett war. Mara hat sich relativ zickig verhalten und Sámir richtig ekelhaft und es ergibt, wenn man sich die jeweiligen Lebenssituationen vor Augen hält, zwar auch Sinn, aber das machte es irgendwie schwierig, mit ihnen mitzufühlen. Runa, die mit Sámir befreundet ist und mit ihm bei der Schatteninstanz zusammenarbeitet, fand ich sehr sympathisch, leider kam sie nach Ankunft in Selestria aber auch nur noch recht selten vor.

Positiv hervorgehoben sei hier aber, dass das unsympathische Verhalten der Charaktere zumindest nicht romantisiert oder ignoriert wird. Vor allem Mara reflektiert das später für sich und macht somit zumindest eine gute Charakterentwicklung durch.

Auch waren mir manche Abschnitte etwas zu langatmig, es hat mir persönlich zu lange gedauert, bis wirklich etwas passiert ist und die Geschichte in Schwung kam.

Zu den positiven Punkten des Buches lässt sich sagen, dass es insgesamt eine interessante Geschichte mit spannenden Konflikten ist. Das Buch lässt noch einige Fragen unbeantwortet, was aber okay ist, da es sich um den ersten Teil einer Trilogie handelt. Es ist somit noch unklar, was genau es mit der Nachtwache und ihrem Anführer auf sich hat oder was es mit der Vergangenheit von Mara und Dimo genau auf sich hat. Wenn diese Dinge im späteren Verlauf der Geschichte noch beantwortet werden, ist das aber ja völlig in Ordnung.

Auch die Charaktere waren an sich interessant, auch wenn ich manche von ihnen gerade am Anfang unsympathisch waren. Die Welt hat mir auch gut gefallen; oft sind diese Portalgeschichten so aufgebaut, dass die Protagonist*innen in eine mittelalterliche Welt geraten und ich fand es erfrischend, dass das hier mal nicht so ist. Selestria ist zwar ein Königreich, aber insgesamt eigentlich trotzdem nicht total unmodern.

Das toxische Verhalten gewisser Charaktere wird auch so gehandhabt und das ist gut, so datet Mara zwischendurch Nijel, der sich ihr gegenüber dann aber sehr ekelhaft und toxisch verhält und Mara reagiert entsprechend darauf und möchte danach nichts mehr mit ihm zu tun haben. Ich fand es gut, dass das nicht irgendwie romantisiert wurde, wie es leider oft in Büchern der Fall ist.

Nachdem Sámirs Geheimnis aufgedeckt wurde, ging die Geschichte auch ein bisschen schneller voran. Ich bin auch hier der Meinung, dass es der Geschichte gutgetan hätte, wäre das schon etwas früher thematisiert worden.

Das Ende war spannend und lässt Fragen offen, so dass es Interesse am nächsten Teil lässt. Wer Cliffhanger absolut nicht leiden kann, wird hier vielleicht ein bisschen unglücklich mit dem Ende sein, ich persönlich mag sie aber gerne und es hat mir auf jeden Fall Lust gemacht, den nächsten Teil zu lesen.

Insgesamt habe ich also einige Kritikpunkte und fand das Buch nicht perfekt, bin aber der Meinung, dass es viel Potential hat und denke, dass ich den nächsten Teil lesen werde. Ich würde hier 3 von 5 Leuchttürmen vergeben. 2 ziehe ich wegen meiner Kritikpunkte (langsames Vorankommen der Geschichte, die Geheimnistuerei und die zunächst unsympathischen Hauptcharaktere, hauptsächlich) ab, aber insgesamt bin ich trotzdem der Meinung, dass es ein interessantes Buch war. Anderen Leser*innen kann ich raten, das Buch trotz einiger Längen weiter zu lesen, weil der Konflikt insgesamt doch interessant wird.

Den Schreibstil fand ich angenehm und flüssig, auch wenn ich manchmal ein bisschen verwirrt war, aus wessen Perspektive der aktuelle Teil ist. Aber insgesamt ließ sich das Buch angenehm lesen.

Ich denke, ich werde auch irgendwann den nächsten Band lesen, da ich schon neugierig darauf bin, wie es weitergeht, wie sich die Charaktere noch entwickeln werden und weil ich gespannt auf die Antworten auf die noch offenen Fragen bin.

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