Kasie West – PS: Ich mag dich

Daten des Buches:

Titel: P.S.: Ich mag dich
Autorin: Kasie West
Verlag: Carlsen
Erscheinungsdatum: 28.07.2017 / 02.06.2020 (hier besprochene Auflage (3. Auflage))
Genre: Young Adult, Jugendbuch
Seitenzahl: 357
ISBN: 978-3-551-31888-6

CNs: Mobbing

Achtung, diese Rezension enthüllt die Identität von Lilys Brieffreundschaft (SPOILER).

Kurzzusammenfassung:

Lilys Herz schlägt für Musik, nicht für den Chemieunterricht. Dort langweilt sie sich ziemlich. Als ihr Chemielehrer ihr verbietet, im Unterricht ihr Notizbuch auf dem Tisch liegen zu haben, weil sie mitschreiben soll, fängt sie an, ihren Tisch mit den Lyrics aus ihrem aktuellen Lieblingssong zu beschreiben. In der nächsten Stunde ist sie sehr überrascht, als jemand die nächsten Zeilen hinzugefügt hat – sie dachte, sie wäre die Einzige an der Schule, die auf diese Band steht! Was als kleiner Austausch auf dem Tisch anfängt, wird schnell eine ausgewachsene Brieffreundschaft mit unter dem Tisch geklemmten Briefchen und mit jedem Brief schwärmt sie ein bisschen mehr für ihren Brieffreund. Als sie aber herausfindet, wer ihr schreibt, wird es plötzlich kompliziert.

Und darüber hinaus?

Das Buch wird ausschließlich aus Lilys Perspektive erzählt. Der Leser erfährt schnell, dass ihre Familie sehr chaotisch ist; sie hat zwei kleine Brüder und eine große Schwester, mit der sie sich das Zimmer teilt. Da das Familienbudget von der Auftragslage ihres Vaters abhängig ist, haben sie meistens nicht sehr viel Geld.

In der Schule ist Lily eher eine Außenseiterin. Sie hat ihre beste Freundin Isabel, aber sonst eigentlich niemandem, mit dem sie sich wirklich versteht. Stattdessen gibt es so einige Leute, die sie mit dem Namen »Magnet« bedenken, was auf peinliche Erlebnisse im Sportunterricht zurückgeht. Den Namen hat sich Cade Jennings ausgedacht, ein beliebter Junge an ihrer Schule, den sie noch nie leiden konnte, schon als er vor zwei Jahren noch mit ihrer besten Freundin Isabel zusammen war.

Es fällt ihr nicht leicht, mit anderen warm zu werden und dementsprechend freut sie sich über ihre Brieffreundschaft mit dem Unbekannten, der die gleiche Musik mag wie sie selbst. Am Anfang möchte sie auch gar nicht wissen, wer es sein könnte. Sie weiß, dass ihr Brieffreund in einem der anderen beiden Chemiekurse in ihrem Jahrgang sein muss, aber sie findet es erst einmal besser, es nicht zu wissen. Erst später möchte sie es doch herausfinden.

Ihr größter Traum ist es, später mal Songwriterin zu werden, sie traut sich aber nicht, jemandem ihre Songs vorzuspielen oder auch nur die Texte vorzulesen, nicht einmal Isabel. Als sie einen Songwriting Wettbewerb entdeckt, bei dem man neben einem dreiwöchigen Intensivkurs mit einem Dozenten eines renommierten Musikinstituts auch fünftausend Dollar gewinnen kann, beschließt sie, mitzumachen. Die Briefe mit ihrem unbekannten Brieffreund inspirieren sie dabei.

Schon bald empfindet sie mehr als Freundschaft für ihren unbekannten Brieffreund und möchte doch herausfinden, wer es ist.

SPOILER – AB HIER WIRD DIE IDENTITÄT VON LILYS BRIEFFREUND ENTHÜLLT!

Das bereut sie jedoch schnell, als sie durch Zufall herausfindet, dass es ausgerechnet Cade Jennings ist, der ihr das Leben an der Schule bisher schwer gemacht hat und mit dem sie sich noch nie verstanden hat. Das Bild, das sie bisher von ihm hatte und das von dem netten, sensiblen Jungen mit einer eher abwesenden Familie passen für sie nicht zusammen. Cade, der für ihren blöden Spitznamen an der Schule verantwortlich ist. Cade, der sie immer unfreundlich behandelt und sich über sie lustig gemacht hat.

Sie beschließt, ihm nicht mehr zu schreiben, kann aber doch nicht mehr widerstehen, denn sie vermisst seine Briefe doch zu sehr. Nicht einmal Dates mit ihrem bisherigen Schwarm Lucas können sie ablenken. Und so muss sie sich schließlich eingestehen, dass sie doch inzwischen ziemlich auf Cade steht, was nicht besser wird, als sie schließlich auch außerhalb der Briefe nette Seiten an ihm entdeckt.

Meine Meinung

Ich muss sagen, dass ich dem Buch sehr, sehr gespalten gegenüberstehe. Es war eigentlich aufgrund des Klappentextes und dem Anfang des Buches von Anfang an offensichtlich, dass Cade der Brieffreund sein würde, aber ich hatte teilweise echt Bauchschmerzen bei dem Gedanken. Das liegt an solchen Textstellen:

[…]Ein blonder Junge – möglicherweise ein Neuntklässler – stand mitten im Korridor und drückte seine Bücher fest an sich. Auf seinem Kopf balancierte er einen Baseballschläger, der bedenklich schwankte. Cade Jennings stand mit zur Seite ausgestreckten Armen hinter ihm, als hätte er den Schläger gerade erst losgelassen.[…]
[…] und Cade überlegte nun, wie er den Ball oben auf dem Schläger platzieren sollte. Der Junge sah zu verängstigt aus, um sich zu bewegen.
[…] Cade lächelte sein großes, strahlend weißes Lächeln. Er benutzte es oft, denn er kannte die Wirkung. Ich runzelte die Stirn. Offenbar war ich die Einzige, die dagegen immun war.
So ungern ich die Aufmerksamkeit auf mich lenken wollte, wusste ich doch, dass ich dem kauernden Jungen helfen sollte.
Aber ich hatte keine Ahnung, wie. Wegen Cade Jennings der Mittelpunkt unerwünschter Blicke zu sein war etwas, womit ich sehr vertraut war … […]
(West 2020: 30f)  

Das fand ich schon sehr kritisch, wobei es, im Gegensatz zu den anderen Situationen, nicht Lily persönlich betrifft und auch nicht so richtig aufgeklärt wird und das war der Hauptgrund für mich, wieso ich immer noch ein bisschen Bauchschmerzen mit dem Buch habe, obwohl ich es insgesamt mochte. Andererseits haut der Junge dann auch nicht ab und macht später nicht den Eindruck, als hätte es ihm etwas ausgemacht, aber es steht für mich trotzdem irgendwie ein bisschen im Gegensatz dazu, dass er erst verängstigt wirkte. Da das Lilys subjektive Wahrnehmung ist und sie Cade nicht leiden kann, ist es aber sehr schwierig für mich, zu durchschauen, wie die Situation zu bewerten ist.

Aber es gab noch weitere Stellen, z. B.:

»Lily Abbott?«, fragte Cade. »Du findest Lily Abbott süß?«
»Du nicht?«
»Nein.«
»Dann gehe ich vielleicht mal rüber und spreche sie an.«
»Glaub mir. Lass lieber die Finger von ihr. Sie ist die reinste Zeitverschwendung. Sie ist …«
Bevor ich hören konnte, wie Cade diesen reizenden Satz beendete, blaffte mich die Person hinter mir in der Schlange an: »Bestellst du jetzt was oder guckst du nur?«
(West 2020: 90)

Oder dieses Zitat von Lily über Cade macht es auch nochmal deutlich:

»Na ja, er war fies zu mir«, gab ich zurück. »Und immer vor Publikum. Er ist die schlimmste Sorte von Idiot, denn er tut so, als würde er was für dich tun und dich in irgendeinen Witz einbeziehen, dabei macht er dich eigentlich nur zur Zielscheibe.«  
(West 2020: 131)

Oder hier:


Hinter mir hörte ich eine Stimme. »Nette Shorts.« Es war Sasha. Ich wusste, dass sie von meinen redete. Es waren abgeschnittene Jeans, auf die ich Flicken genäht hatte. Ich wollte mir nicht die Blöße geben und mich umdrehen, aber als Cade lachte, packte mich die Wut und ich tat es doch.
(West 2020: 181)

Oder als er später der Baseball Coach von ihrem kleinen Bruder wird, ihm den Namen Pinker Blitz gibt (wegen des pinken Symbols auf seinen Schuhen) und von Lily deshalb zur Rede gestellt wird. Er sagt, dass er das gemacht hat, damit ihr Bruder nicht geärgert wird, weil er es als etwas Cooles dargestellt hat, was auch funktioniert hat in diesem Fall, aber leider macht er sich direkt danach wieder unsympathisch:

Dann drehte er sich um und fügte hinzu: »Wer hat ihm diese Baseballschuhe überhaupt gekauft? Die Person solltest du anschreien.«
(West 2020: 197)

Das fand ich auch ziemlich bedenklich, weil Lilys Familie eben einfach – im Gegensatz zu der von Cade, der einen reichen Stiefvater hat – nicht viel Geld hat und es Second Hand Schuhe waren. Gut, das wusste Cade nicht unbedingt, auch nicht, dass die Familie nicht viel Geld hat, aber trotzdem fand ich das sehr ignorant.  

Gleichzeitig gibt es dann aber auch wieder Stellen, an denen er positiv aufgefallen ist, z. B. kritisiert er in einem seiner Briefe Sexismus (West 2020: 99) und gibt später Lily gegenüber auch zu, dass sein Verhalten oft scheiße war, dass er z. B. mit ihrem Spitznamen damals im Sportunterricht das gleiche erreichen wollte wie später bei ihrem Bruder (dass sie eben nicht geärgert wird, sondern dass es eher cool wirkt), gibt zu, dass er sich oft wie ein Idiot benommen hat und ihr eine Entschuldigung schuldet (West 2020: 287).

Uff. Ich bin echt nicht sicher, wie ich das am Ende fand. Denn ja, einerseits erfährt man viel über Cade, dass er zwar einen reichen Stiefvater hat, dass der aber ein ziemliches Arschloch ist, das nicht gut mit ihm oder seiner Mutter umgeht und dass sein leiblicher Vater vor ein paar Jahren abgehauen ist und sich nicht für ihn interessiert, aber wie Lily selbst feststellt (West 2020: 177), entschuldigt das nicht sein Verhalten.

Man kann Cade allerdings schon zugutehalten, dass er sich am Ende entschuldigt und einsieht, dass er sich oft scheiße verhalten hat, es wird also auch nicht einfach ignoriert, sondern im Text irgendwie aufgearbeitet. Als Person, die vor allem in der Schule selbst viele Erfahrungen mit Mobbing machen musste, hat das aber trotzdem irgendwie einen bitteren Nachgeschmack bei mir hinterlassen.

Insgesamt habe ich dem Buch auf Goodreads trotzdem 4 Sterne gegeben, weil es immerhin aufgearbeitet wurde (was das Buch vielen anderen Büchern dieser Art voraus hat) und das Buch insgesamt auch wirklich niedlich war, ich die Charaktere insgesamt mochte etc., aber ich habe mich mit der Bewertung sehr schwer getan und tue es auch immer noch ein bisschen.

Insgesamt ließ es sich aber leicht und schnell lesen und hat mir schon gefallen, ich würde es auch empfehlen, aber gerade Leser*innen, die selbst gemobbt wurden und die das triggern könnte, sollten beim Lesen ein bisschen auf sich aufpassen.  

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